ABB Kundenstory.
Die Schweiz ist das Schokoladenland par Excellence, auch wenn der wichtigste Rohstoff fern von uns gedeiht. Hier wurden sowohl zartschmelzende Schokolade wie auch Milchschokolade erfunden. Die Schweiz ist weltbekannt für die hier produzierte Schoggi. Und wir weisen den höchsten Pro-Kopf-Konsum überhaupt auf.
Schweiz ist schoggibezogen Osterhasenland
«Was Hohlfiguren aus Schokolade betrifft, sind wir ein absolutes Osterhasenland», erklärt Valentin Thöny, Leiter Engineering bei Halba. Während in anderen Ländern beispielsweise auch Weihnachtsmänner aus Schokolade stark nachgefragt werden, seien die Schweizerinnen und Schweizer in dieser Beziehung fast ganz auf Ostern ausgerichtet. Deshalb wird die neue Produktionslinie der Einfachheit halber «Hasenanlage» genannt, auch wenn sich damit Schokoladen-Hohlfiguren beliebiger Form – sowohl mit als auch ohne Schminkdekoration – herstellen lassen.
20'000 Tonnen Schokolade pro Jahr produziert
Halba ist eine Division der Coop Genossenschaft. Sie entstand 2017 aus einer Fusion von Chocolats Halba mit Sunray, bekannt für Nüsse und Snacks. Deren einziger Produktionsstandort ist Pratteln. Schokolade – insgesamt rund 20'000 Tonnen jährlich – produziert Halba primär für Coop selbst, wobei rund ein Drittel der Produkte in den Export geht.
Neue Linie statt Ergänzung
Ursprünglich wollte Halba eine teils manuell bediente bestehende Anlage zur Produktion von Schokohasen automatisieren lassen, entschied sich dann aber aus Effizienzgründen, auf eine neue Linie zu setzen und holte Angebote ein. Der Auftrag ging schliesslich an Awema. Das Unternehmen im thurgauischen Oberneunforn hat sich auf die Realisierung von massgeschneiderten Anlagen für die Süsswarenindustrie spezialisiert und ist für Schokoladenhersteller weltweit im Einsatz.
«Von Bestellung bis Inbetriebsetzung im Februar 2023 verging lediglich ein Jahr.»
Be- und Entladen montone Arbeit
In der Schokoladenindustrie erfolgt das Be- und Entladen der Hohlkörperschleudern bisher mehrheitlich manuell. Diese eher monotone Arbeit ist körperlich sehr fordernd und schlägt für die Unternehmen in laufenden Kosten zu Buche. Durch die Automatisierung verringern sich die laufenden Produktionskosten der Anlage. Gleichzeitig kann das Personal für Arbeiten eingesetzt werden, die dem Unternehmen einen grösseren Nutzen stiften – und für die Mitarbeitenden interessanter sind.
In lediglich einem Jahr umgesetzt
«Von Bestellung bis Inbetriebsetzung im Februar 2023 verging lediglich ein Jahr. Dabei ist eine so grosse Schokoladenlinie immer eine Sonderanfertigung. Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten muss genau auf die Kundenwünsche ausgerichtet werden», erklärt Erwin Bucheli, verantwortlich für das Marketing bei Awema.
Mit der Schleuder in Form gebracht
Nach dem Schminken der Osterhasen und dem Eingiessen der flüssigen Schokolade ist das Schleudern der Hohlkörper ein entscheidender Schritt. Damit wird der Hase in Form gebracht. Das Bestücken der Schleudern – bei manueller Leistung eine sehr eintönige Arbeit – sollte in der neuen Linie von Robotern in enger Taktzeit ausgeführt werden. Dafür kontaktierte Awema die Marti Systeme AG in Unterägeri, eine Spezialistin für robotergestützte Automationstechnik.
ABB Value Provider bei Robotern
«Wir setzen für unsere Automationslösungen primär ABB-Roboter ein, sind als ‹ABB Value Provider› ein autorisierter Partner», so Nils Anderer, Projektleiter Robotik bei Marti Systeme. Für die Bestückung der Hohlkörperschleudern des Typs HFR-186 – in der neuen Linie sind zwei nebeneinander installiert – evaluierte er den IRB 6700 von ABB als geeigneten Roboter, kombiniert mit der Verfahrachse IRBT 6004, um den Robotern für diese komplexe Aufgabe mit einem zusätzlichen Freiheitsgrad auszustatten.
«Dies zu programmieren ist sehr anspruchsvoll. Die ABB-Software RobotStudio, mit der sich das zuerst simulieren lässt, hat uns dabei sehr geholfen. Aus meiner Sicht ist diese Simulationssoftware einzigartig.
Zwei ABB-Roboter mit Traglast von 155 kg im Einsatz
Der sechsachsige IRB 6700 ist ein robuster, wartungsarmer Industrieroboter der 7. Generation von ABB. Er gilt als leistungsfähigster Roboter mit den niedrigsten Gesamtbetriebskosten in der 150–300 Kilogramm-Klasse. In Pratteln stehen zwei IRB 6700 mit einer Traglast von 155 kg und einer Reichweite von 2,85 m zum Einsatz – die durch die Bewegung auf der Verfahrachse erweitert wird.
Allein das Greifwerkzeug wiegt 100 kg
Die hohe Traglastfähigkeit mag beim Handling von Schokoladehohlkörpern erstaunen. Doch allein das raffinierte, spezifisch für diesen Einsatz von Marti Engineering konstruierte Greifwerkzeug wiegt rund 100 kg. Damit lassen sich beidseitig je zwei Gussformen greifen. So kann der Roboter in einem Arbeitsschritt ausgehärtete Formen von der Schleuder entnehmen und diese – mit einer 180-Grad-Drehung des Greifwerkzeugs – mit den zuvor vom Förderband aufgenommenen neuen Formen bestücken.
Exakt synchronisierte Bewegung mit RobotStudio simuliert
Der Roboter setzt die Formen gleich nach Aufnahme in Rotation, damit sich die Schokolade bereits in dem Schritt zu verteilen beginnt. Er muss dann mit dem Arm exakt die Drehung der Schleuder nachverfolgen, um Formen davon zu entnehmen und die neuen aufzusetzen. Und das nach einem ausgeklügelten Belegungsmuster, um die Formen zur richtigen Zeit – je nach Produkt nach sieben bis zehn Minuten auf der Schleuder – zu entfernen und zur Weiterverarbeitung aufs Förderband zu legen. «Dies zu programmieren ist sehr anspruchsvoll. Die ABB-Software RobotStudio, mit der sich das zuerst simulieren lässt, hat uns dabei sehr geholfen. Aus meiner Sicht ist diese Simulationssoftware einzigartig. Die vorgängigen Simulationen waren auch bei der Inbetriebsetzung überaus hilfreich», erklärt Anderer.
Zykluszeit von lediglich 24 Sekunden
Nach dem Eingiessen der Schokolade in die Form müssen die Formen möglichst schnell Rotation versetzt werden, damit sich die Masse gleichmässig verteilen kann. Entscheidend im Gesamtablauf war, die angestrebte Zykluszeit zu erreichen. «So müssen die Roboter einen Zyklus von 24 Sekunden einhalten, in dem sie neue Formen aufnehmen, geschleuderte Formen von der Anlage greifen, die neuen aufsetzen, die bearbeiteten auf das Förderband legen und wieder neue aufnehmen», rechnet Thöny vor.
«Wir sind mit dieser vollautomatischen Anlage sehr zufrieden; sie läuft so, wie wir uns das vorgestellt haben, exakt getaktet.»
Stillstand unbedingt vermeiden
Die Gesamtanlage darf nie stillstehen. Jede kleine Störung kann langwierige Folgen haben. Logisch, denn die flüssige Schokolade, die mit rund 32° Celsius in die Formen gegossen wird, erstarrt nach einer Weile. Hat der Schleudervorgang nicht wie vorgesehen funktioniert, entsteht Ausschuss.
70 verschiedene Produkte gespeichert
Die Schokoladenlinie läuft rezeptgesteuert. Im Leitsystem sind rund 70 Produkte mit ihren Parametern gespeichert, in ihrer Mehrheit Schoggihasen unterschiedlicher Grösse, Zusammensetzung und Aussehen. Rezeptabhängig verarbeitet diese neue Hasenlinie 100 bis zu 700 kg Schokolade pro Stunde. Meist rund um die Uhr. Vollautomatisch. «Es ist lediglich jeweils ein Linienführer vor Ort, der ein Auge auf die Gesamtproduktion wirft, bis hin zur Verpackungsstation», so Thöny.
Genussreiche Ostertage
In einer neuen, spezifisch konstruierten, komplexen Anlage wie der Hasenlinie bei Halba sind immer technische «Kinderkrankheiten» zu bewältigen. «Die hielten sich aber in Grenzen», erklärt Thöny. « Wir sind mit dieser vollautomatischen Anlage sehr zufrieden; sie läuft so, wie wir uns das vorgestellt haben, exakt getaktet.» Das sind gute Voraussetzungen für genussreiche Ostertage 2024.