Aargauer Zeitung. Seit 2015 gab es in Baden jedes Jahr bis zu 65 Unternehmen mehr. Hitachi, Accelleron oder bald Schneider Electric sind da nur die bekanntesten Namen. Die Stadt bemüht sich, das Know-how hier zu behalten und Baden auch national zu promoten: In Sachen Energie soll Baden als Kompetenzzentrum nicht wegzudenken sein.
Erste direkte Ergebnisse davon soll man in naher Zukunft sehen können. Im März treffen sich die Arbeitsgruppen mit Vertretungen von Stadt und Unternehmungen wieder, wie Thomas Lütolf, Leiter Kontaktstelle Wirtschaft, erklärt. Greifbare Zahlen gibt es aber zum Beispiel bereits, was die Anzahl neuer Firmen in der Bäderstadt betrifft.
2023 haben sich in Baden 219 Firmen neu angesiedelt. 164 waren Neugründungen, 55 sind zugezogen. Im Gegenzug wurden 91 Badener Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht und 85 sind weggezogen. Unter dem Strich gab es Ende letztes Jahr also 43 Firmen mehr in Baden als Ende 2022. Damals wiederum waren es netto 52 neue Firmen. 2021 während der Pandemie endete das Jahr hingegen mit 14 Firmen weniger.
Im langjährigen Schnitt seit 2008 waren es jedes Jahr 38 Unternehmungen mehr, die in Baden hinzugestossen sind, wie Thomas Lütolf darlegt. Seit 2015 waren es meistens jährlich zwischen 30 und 65.
2015 war denn auch ein Schlüsseljahr für Baden: Damals wurde öffentlich, dass Alstom die ursprünglich von der ABB gekaufte Kraftwerksparte an General Electric (GE) und Ansaldo Energia verkauft. Für die damals 6100 Mitarbeitenden bei Alstom Schweiz, die meisten in Baden und Birr, gab es einschneidende Änderungen. Rund 600 Stellen standen zu Beginn auf dem Spiel.
In den Jahren danach gab es bei GE mehrere Entlassungswellen: 2016 mussten 1300 Personen gehen, 2017 weitere 1400. In ähnlichem Rhythmus ging es auch in den Folgejahren weiter, bis von GE in Baden nur noch sehr wenig übrig blieb. Räume, Tätigkeiten und vor allem Arbeitskräfte wurden aber von vielen mittelgrossen und kleinen Firmen aufgefangen, das die gute Nachricht.
«Noch nie so viele Arbeitsplätze in Baden»
Gab es früher mit der BBC hauptsächlich einen grossen Arbeitgeber in Baden, seien es heute deren acht, erklärt Thomas Lütolf. «Wir hatten noch nie so viele Arbeitsplätze wie heute.» 30’000 seien es aktuell. «Und wir gehen davon aus, dass der Trend anhält und jedes Jahr 100 bis 200 neue Arbeitsplätze hinzustossen.»
Ein Arbeitgeber wie einst die BBC mit 18’000 Stellen werde es nie mehr geben. Dafür aber ganz viele kleinere mit bis zu 2000 Stellen. In Baden aktuell etwa Hitachi oder die aus dem Turbolader-Geschäft der ABB entstandene Firma Accelleron mit ihrer Fabrik mitten in der Stadt.
Zuletzt habe die ABB in Baden Nord auch einen Prototyp für eine Batteriefabrik eingerichtet. Zwar sei der Quadratmeterpreis hoch, unter dem Strich käme dies aber günstiger, da die Fachkräfte bereits da sind. «Das Know-how aus den verschiedenen Disziplinen hier zu behalten, das ist das Modell, das wir verfolgen wollen», sagt Thomas Lütolf. Die Skalenproduktion der Batterien werde wohl dereinst im Ausland stattfinden. Aber die Prototypen entstehen hier. «Das bringt uns auch zum denken darüber, wie Stadtfabriken in Zukunft aussehen könnten.»
Dieses Jahr zieht auch Schneider Electric ins «Konnex»-Gebäude, wo früher ABB, Alstom oder GE drin waren. Baden erfahre somit eine gesunde Entwicklung mit einem steten, soliden Wachstum, das vor allem von den KMU getragen werde. Trotz Firmenabspaltungen seien nicht nur Geschäftsfelder erhalten geblieben, sondern diversifiziert worden. «Wir wollen das Bewussten dafür steigern.»
Denn die Unternehmen hätten Baden nicht ohne Grund ausgesucht: «Sie haben ihre Optionen sachlich geprüft», sagt Thomas Lütolf. Viele blieben in Baden, weil das Risiko, die Fachkräfte zu verlieren, zu gross sei. Bei einem Wegzug würden die Mitarbeitenden in Baden selbst einen anderen Job finden.
Baden als Energiehauptstadt der Schweiz?
Priorität für die Stadt ist es, die ansässigen Firmen zu behalten. Doch man denkt schon einen Schritt weiter: Baden soll bei Energiethemen national nicht wegzudenken sein, sagt Thomas Lütolf. Dafür wolle man die Innovationskraft fördern, Start-ups ermöglichen. Baden könnte Kongresse durchführen, betreffend Energiezukunft hätten die hiesigen Firmen, darunter auch die Axpo, viel zu sagen.
«Es ist unglaublich, welche internationale Unternehmen in Baden in Fussdistanz sind», sagt Thomas Lütolf. «Nach 20 Jahren hier staune ich immer noch, was der Aargau wirtschaftlich zu bieten hat.» Dies werde von den Nachbarkantonen nicht so stark wahrgenommen.
Herausforderungen gibt es aber: Einerseits dürfe man bei der Energiewende gewisse Trends, etwa bei der Photovoltaik, nicht verschlafen. In Nahost entstehen bedeutende Kompetenzzentren. Das bringt hiesige Unternehmen in Zugzwang.
Dazu seien die Infrastrukturkosten in Baden für Start-ups noch relativ hoch, Industriebrachen nahe beim Bahnhof gebe es keine mehr. Neue Möglichkeiten eröffnet hingegen das frisch fusionierte Turgi.
Als regionale Trümpfe bleiben die nahe gelegenen Hightech-Zentren wie PSI und Park Innovaare, die technischen Hochschulen in Zürich und Windisch. Und betreffend Berufsbildung habe Baden mit der Libs eine hervorragende Antwort auf den Fachkräftemangel.