AWP. Bis 2030 will die Axpo Photovoltaikanlagen mit mehr als 1,2 Gigawatt Leistung in den Alpen und im Schweizer Mittelland bauen, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Mit dieser "Solaroffensive" soll insbesondere im kritischen Winter, wenn die Schweiz auf Stromimporte aus dem Ausland angewiesen ist, die hiesige Stromversorgung mit gesichert werden. Umgesetzt werden sollen die Pläne von der Tochtergesellschaft CKW.
Mit 1,2 Gigawatt liessen sich jährlich rund 1,5 Milliarden Kilowattstunden Strom produzieren, was dem Jahresbedarf von mehr als 300'000 Haushalten entspreche. Die Axpo will rund 1,5 Milliarden Franken investieren.
Elf Projekte "über dem Nebelmeer"
Geplant sind zum einen grosse alpine Anlagen sowie zum anderen PV-Anlagen auf Industriegebäuden oder Hausdächern. Gerade von den Anlagen in den hohen Bergen verspricht sich die Axpo viel: Alpine Solaranlagen "über dem Nebelmeer" würden im Winter rund dreimal so viel Strom produzieren wie vergleichbare Anlagen im Schweizer Mittelland. Das habe auch das erste Projekt bestätigt.
Voraussichtlich ab Frühjahr 2024 soll daher neben dem Nalps-Stausee in der bündnerischen Surselva auf 2000 Meter über dem Meer eine Anlage mit einer Leistung von 10 Megawatt gebaut werden. Ab Herbst 2025 soll diese dann 13 Millionen Kilowattstunden im Jahr Strom produzieren, und 3'000 Haushalte gerade auch im Winter versorgen. Die Solarfläche aus 30'000 Modulen wäre so gross wie zwölf Fussballfelder. Das Projekt sei aber noch in einer frühen Phase, sagte CKW-Chef Martin Schwab am Dienstag vor Journalisten.
Über weitere zehn Standorte in den Alpen werden derzeit Gespräche geführt, und es sollen laufend weitere Projekte geprüft werden. Im Wohngebiet rechnet die Axpo mit 600 Dachanlagen pro Jahr.
"Unsere Kernkompetenz"
Eine noch relativ kleine hochalpine Solaranlage von der Axpo und von IWB (Industrielle Werke Basel) ist bereits in Betrieb: Die dennoch bisher grösste alpine Solaranlage der Schweiz steht auf 2500 Meter über Meer an der Muttsee-Staumauer im Kanton Glarus. Sie ist seit Ende August in Betrieb, seit Oktober 2021 war sie im Teilbetrieb. Die Anlage hat eine Leistung von 2,2 Megawatt und produziert im Jahr 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom.
Zur Einordnung: Ein Windrad an Land kann eine Leistung von bis zu 7 Megawatt erreichen. Ein etwas grösseres Wasserkraftwerk hat mehr als 10 Megawatt Leistung, und das grösste Atomkraftwerk der Schweiz in Leibstadt hat eine Kapazität von rund 1200 Megawatt Leistung. Im Vollbetrieb produziert das AKW pro Jahr rund 9600 Gigawattstunden Strom. Diese Menge versorgt 2 Millionen Haushalte mit Strom und entspricht rund 14 Prozent der Stromproduktion hierzulande.
Es wären in dieser Grössenordnung Hunderte alpine Solaranlagen nötig, um bis 2030 auf die angepeilten 1200 Megawatt zu kommen. Es seien aber durchaus noch viel grössere Anlagen vorstellbar, sagte Schwab. In den Schweizer Alpen gibt es dafür ihm zufolge auch genügend geeignete Flächen.
"Wir mögen grosse Anlagen, das ist unsere Kernkompetenz", fügte Axpo-Chef Christoph Brand an der Medienkonferenz hinzu.
Vereinfachte Bewilligungen
Brand verwies auch auf ein grosses Solar-Knowhow, das innerhalb der grössten Schweizer Energiegruppe bereits vorhanden sei. Die Tochter CKW installiere heute mehr als zwei PV-Anlagen pro Tag und beschäftige über 150 Spezialisten. Auch greife das Innerschweizer Unternehmen auf die Erfahrung der französischen Axpo-Tochter Urbasolar zu, welche im Ausland seit vielen Jahren Grossanlagen baue. Bekanntes Beispiel ist die Solar-Parkplatzüberdachung beim Disneyland Paris.
In der Vergangenheit standen die Axpo, aber auch die anderen Schweizer Energieunternehmen immer wieder in der Kritik, viel in erneuerbare Energien im Ausland zu investieren statt in der Schweiz. "Wir wollten schon bauen, wir durften nicht", sagte Brand am Dienstag auf die Frage, wieso nicht bereits viel früher in der Schweiz hochalpine Solaranlagen im grossen Stil gebaut wurden.
Aber in den vergangenen Monaten habe ein Umdenken sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik eingesetzt, sagte CKW-Chef Schwab. Das habe er bei der Vorstellung von neuen Projekten in der Öffentlichkeit festgestellt.
Die politischen Rahmenbedingungen, welche derartige Investitionen überhaupt erst ermöglichen, kombiniert mit den höheren Marktpreisen für Strom erlaubten diese Offensive, sagte Brand. In der Herbstsession 2022 habe das Parlament die Voraussetzungen für den raschen Zubau von PV-Freiflächenanlagen mit hoher Winterproduktion geschaffen: vereinfachte Bewilligungsverfahren und zusätzliche Fördermittel.